Der Wetterbericht auf allen gängigen Portalen versprach für die zwei Ruhetage hier in Binz Sonnenschein für heute und Regen für morgen, weshalb wir uns entschließen, den geplanten Ausflug bis zu den Kreidefelsen direkt heute anzugehen. Scheint ein schwieriges Gebiet zu sein für Wetter, denn über den ganzen Tag haben sich Windböen, Platzregen und Sonnenschein brav abgewechselt. Da soll Herr Plöger mal erklären, was hier schon wieder schief gelaufen ist.
Direkt nördlich von Binz liegt der Koloss von Prora. Das ist ein gigantischer Gebäudekomplex, geplant ursprünglich mit acht gleichen Blöcken von je etwa 500 Metern Länge in Nazideutschland als Kraft-durch-Freude-Feriendomizil für 20000 Urlauber. Der Erholungsnutzung kam der zweite Weltkrieg in die Quere und zu DDR-Zeiten wurde der Komplex dann als NVA-Kaserne genutzt.
Nach der Wiedervereinigung dauerte es noch bis zum Beginn des neuen Jahrtausends, bis Investoren anfingen, die Gebäude wieder nutzbar zu machen. Heute existieren noch fünf dieser Blöcke, die zum Teil als moderne Ferienanlage genutzt werden, zum Teil aber noch im unrenovierten Zustand da stehen.




Darf Nazi-Architektur beeindrucken? Darf das Bauwerk jetzt letztendlich genauso genutzt werden, wie ursprünglich beabsichtigt, nur befreit vom ideologischen Kontext? Ein mulmiges Gefühl bleibt.
Das Menschenideal im Nationalsozialismus und in der DDR hat sich nicht sonderlich unterschieden, wie folgendes Denkmal mit dem Titel „Sportler“ von 1975 zeigt. In der DDR waren wohl auch Statuen gedopt.

Auf dem Weg weiter nach Norden wird noch einmal klar, dass das Rad hier nur als Freizeitgerät betrachtet wird, nicht aber als Verkehrsmittel. Radautobahnen in Touri-Hotspots, aber ansonsten ist Vermeidung angesagt. Innerorts wird man fast überall gezwungen, auf schlecht gepflasterten, schmalen Gehwegen zu fahren und außerorts wird man entweder eng überholt oder fährt auf Wegen mit Kopfsteinpflaster oder Sand. Genug geschimpft.
Nördlich von Sassnitz liegt der Nationalpark Jasmund, ganz nett zum Wandern und Kreidefelsen anschauen.

Sassnitz selbst ist ein etwas in die Jahre gekommenes Fischerdörfchen mit Potential – allerdings von einem LNG Terminal bedroht. Aber die Diskussion will ich hier nicht anfangen.



Nazi-Gebäude, Radfeindlichkeit, eine Glatze als Menschenideal und dann auch noch Windböen. Euch wird ja eine ganze Menge zugemutet. Da heißt es weiter Kreidefelsen fressen! Bald seid ihr ja im liberalen Polen. Oder geht es gar nicht so weit diesmal?