Super Wetter heute morgen. Die lange, warme Hose geht ins Gepäck. Und mit ihr die Hard-Shell-Jacke. Und die langen Handschuhe. So befreit fahre ich los. Nachdem ich gestern schon so‘n kleinen Anflug von Oder-Neiße-Blues hatte, ich aber keine alternative Route gefunden habe, begebe ich mich wieder auf den hinlänglich bekannten Radweg. Sofort kommt der Südwind um die Ecke und dann dieser Anblick.

Tapfer kreiseln die Beine, Geschwindigkeit will nicht aufkommen. Ok, so ist es hier eben, da muss man durch. Immer noch besser als Vollpension am Mittelmeer. Abwechslung gibt es in From von alten Brückenresten

und Wasserkraftwerken, deren Staustufen irgendwie aussehen wie Bratschläuche. Leider habe ich nichts dazu im Internet gefunden, aber vielleicht liest ja zufällig ein versierter Wasseringenieur und kann die aufgepumpten Staumauern erklären.

Gespannt bin ich auf das Dörfchen mit dem schönen Namen Klein Bademeusel, bin aber sehr erschreckt, als ich es erreiche. Diese Plakate erwarten mich

Da wünscht man sich, dass aus Klein Bademeusel bald Kein Bademeusel wird und dass die armen Flüchtlinge irgendwo hin kommen, wo sie auch eine Chance zum Ankommen haben.
Danach stelle ich mich also auf weiter geradeausfahren ein, aber nach etwa 20 Kilometern ändert sich die Landschaft und dann auch das Bundesland und die Niederlausitz wird zur Oberlausitz.

Es wird waldiger, kurviger und hügeliger und damit auch windgeschützter, das Radlerherz freut sich. Kurz darauf erreiche ich Bad Muskau mit Schloss und Fürst-Pückler-Park. Fürst Pückler war ein Tausendsassa, nicht nur Landschaftsplaner sondern auch Erfinder des Speiseeis und der Pickelhaube. Das Schloss im Park macht tüchtig was her.

Designtechnisch war der Mann ein Genie. Mit einer Idee die vielfältigsten Dinge gestaltet.



In Bad Muskau gibt es eine intakte Neißebrücke mit einem Polenmarkt auf der anderen Seite. Blechlawinen quälen sich zum tanken und Zigaretten kaufen durch zwei enge Straßen.

Auf der deutschen Seite der Brücke sieht es so aus:

Niemand – offensichtlich gibt es nichts, was Polen und Polinnen zum Einkaufen nach Deutschland zieht.
Abwechslungsreich radle ich weiter, hier ein paar Eindrücke:



Und den Schleifenmove hat sich die Neiße bei Saar und Mosel abgeschaut.

Ich übernachte in Rothenburg an der Neiße, ein kleines, freundliches Städtchen mit geöffneter Gastronomie. Meine Pension heißt Cubana und der WLAN-Key ist cuba1959. Wenn das mal kein Statement ist.


Hmm, lausige Lausitz und nass an der Neiße? Ich nehme doch das mit der Vollpension am Mittelmeer. Am Strand gibt es bestimmt auch das ein oder andere offenherzige Bademeusel.
Das Foto am Grenzstein ist doch eindeutig ein Deepfake. Damit stellt sich die Frage, wo am Mittelmeer machst Du in Wahrheit Urlaub?
Irgendwie bewegt es mich als westdeusch-geprägten Menschen immer noch, dass man einfach so ohne Kontrolle nach Polen kann. Schönes Bild am Grenzpfahl.