Von wegen, in Fördergersdorf geht gar nichts. Nur weil es kein Geschäft, keine Kneipe und kein Restaurant gibt. Mitten in der Nacht werde ich von einer lauten Sirene geweckt. Das Gebäude der Freiwilligen Feuerwehr liegt direkt vis-a-vis gegenüber der Pension und so kann ich beobachten, wie innerhalb von zwei Minuten mehrere Menschen angerannt kommen oder das Auto etwas liederlich parken und flugs ein Löschfahrzeug die Halle verlässt. Wirklich schnell hier. Von wegen ‚immer langsam voran, damit die Brücker Feuerwehr noch nachkommen kann‘. Ach so, eine Kirche, die über dem Dorf thront, gibt es hier natürlich auch und wegen des schönen Wetters (Sonne, aber mit 4 Grad arschkalt) mache ich natürlich noch die Extrameter.

Um es von vornherein klarzustellen: das Erzgebirge ist nicht meine favorisierte Urlaubsregion und wird es wohl auch nicht mehr werden. Fahrradfahren ist hier nicht das Mittel der Wahl bei der Fortbewegung.
Wenn man bei uns in der Eifel oder im Bergischen ein wenig gemächlicher fahren möchte, kann man sich Flusstäler oder Bahntrassenwege suchen und damit beachtlich weit kommen. Habe ich hier nicht erlebt. Im Gegenteil. Es gibt kaum ein ebenes Stück, dafür aber sehr viel Landstraße ohne begleitenden Radweg. So etwa:

Radfahrer scheinen auch hier nicht als Touristen in den Fokus zu gelangen, in den Pensionen gab es keine Fahrradstellflächen, ich konnte dank der Jahreszeit aber immerhin das Rad durchs Haus tragen und auf der Terrasse abstellen. was man wohl im Sommer damit macht?
Entdeckt habe ich dann noch auf dem Freiberger Marktplatz im Bürgerbüro diesen Artikel hier:

Die Aktionstage Sichere Sächsische Kommunen kontrolliert Räder auf Klingeln und Reflektoren. Da wird schon den Kindern das Radfahren madig gemacht. Einen Hinweis auf Anpassung der Infrastruktur habe ich nicht gefunden.
Die Städte, die ich heute durchfahre, haben durchweg schöne Plätze, die aber leider überhaupt nicht belebt sind. Dabei sind sie schön herausgeputzt.

Aber ich möchte natürlich nicht vorenthalten, was das Erzgebirge ausmacht. Zum einen natürlich jede Menge Bergwerke. Und während anderswo nur Glück Auf gewünscht wird, ist man hier schon einen Schritt weiter.

Das zweite, also eigentlich DAS Ding hier im Erzgebirge sind Holzfigürchen. ich habe es heute nicht geschafft, in eines der Geschäfte rein zu gehen, aber hier in Annaberg gibt es eine ganze Straße davon. Hier ein paar Bilder der Schaufenster.




Das ausgerechnet der Türke preislich so exponiert daher kommt, wundert mich ein wenig. Nazis sind hier im Straßenbild nichts besonderes. Ob Motorradwesten mit einer großen 88 auf dem Rücken oder schaurige T-Shirts gepaart mit Springerstiefeln, alles ist hier gegenwärtig. Und auch wenn es nicht alles Nazis sind, die hier leben, auch die Wahlergebnisse sind ausgesprochen unerfreulich, hier auf dem Land besonders. In der Regel erreichen nur drei Parteien mehr als 5%, die AFD oft als stärkste Partei, dann die CDU und stabil noch der BSW. Allen anderen bilden den Rest.
Ach, jetzt habe ich ja schon wieder geschimpft. Bleiben wir bei den guten Dingen:


Ansonsten war das heute mein mit großem Abstand höhenreichster Tag. Ich bin froh, dass es in den kommenden Tagen zumindest ein wenig moderater zu geht.


Hi Udo,
wieder schön geschrieben, wie auch Peter spätestens morgen wird zugeben müssen.
Zu diesen Herrschaften in den Jacken und T-Shirts: Hast du erkennen können, was gerade ihre Ansichten so wichtig macht, so dass sie den gesellschaftlichen und politischen Diskurs so sehr bestimmen?
Lieber Udo,
Tolle Texte und schöne Bilder! Du bist in einer Ecke unterwegs, in der ich geografisch und touristisch vollkommen unterbelichtet bin, ich bin gespannt und freu mich auf den nächsten Bericht. Reagieren die 88er denn auf Fahrradfahrer? Ich wünsch dir heute eine lange Ebene.
Ich habe den 88ern keine lange Nase gedreht und sonstige Schimpfworte bei geschlossenen Zähnen vor mich hingemurmelt. Da haben sie mich nicht bemerkt. Außerdem heißt mein Projekt ja auch Tour durch Deutschland, und dann ist jedes Verkehrsmittel recht(s).